PayPal Anarchie

27. April 2009


Bei meiner allmorgentlichen Kaffee/Blogsurf-Session bin ich auf diesen ganz interessanten Artikel gestoßen.

SOUND CARMA DOT COM

Ich finde die Idee, den Künstler direkt über PayPal zu bezahlen zwar ganz gut, den Labels – vor allem den Indies – allerdings würde dieses Modell wohl den letzten Dolch in den sowieso schon so geschundenen Rücken bohren. Merkwürdigerweise wird bei der aktuellen Diskussion die Arbeit und die sehr wichtige Rolle der Labels oft einfach unter den Tisch gekehrt. Als wolle man deren Untergang, oder so. Fakt ist : Kunst braucht Muse. Viele Künstler sind doch heilfroh, dass sie sich nicht um den ganzen Papierkrieg kümmern müssen, der da täglich so anfällt. Das Konzept der Arbeitsteilung zwischen Künstler und Kaufmann macht meiner Meinung nach durchaus Sinn. Wenn nun die „People formerly known as consumers“ den Künstler via PayPal direkt „bezahlen“, dann werden die Labels den Künstlern wohl in Zukunft ihre Dienstleistungen, ähnlich wie ein Steuerberater, einfach in Rechnung stellen. In diesem Fall wäre der Künstler „Chef“ und das Label „Angestellter“ des Künstlers, was zwar auf den ersten Blick eine Umkehr der heutigen Verhältnisse bedeuten würde, de facto aber nicht sehr viel ändern würde.

Anregend ist der Vorschlag allemal, nur darf man halt nicht vergessen, wie viele Menschen hinter einem Release hart arbeiten und das diese Menschen eben auch fair entlohnt werden müssen.

6 Responses to “PayPal Anarchie”


  1. Die Idee, den Künstler direkt zu bezahlen ist vielleicht eines der Zukunftsmodelle für das Musikgeschäft. Die Redefinition von Labeln, Verlagen etc. als Dienstleister für den Künstler ist ein interessanter (wenn nicht sogar notwendiger) Schritt (der abgesehen davon auch ohne die neuen Entwicklungen schon lange möglich gewesen wäre). Bis dato war es doch wirklich umgekehrt: Der Musiker war Dienstleister für die Plattenfirmen (der „Contentsklave“), oder nicht?!

    Die Frage ist, ob sich hinter dieser Umdeutung ein fundamentaler Paradigmenwechsel verbirgt, der vieles verändern wird und evtl. alle „glücklicher “ macht :-), oder es sich, wie macmerl vermutet, „nur“ um eine reine Neuetikettierung ohne weiterreichende praktische Konsequenzen handelt. Ich persönlich würde denke, das könnte eine tiefergehende Veränderung bedeuten. So hab ich gerade ein Video von Gerd Leonhard gesehen, der u.a. aus diesem Grunde einen starken Anstieg des Bedürfnisses nach Agenten, Managern etc. voraussagt, eben Dienstleister für die Musiker, die sich am Ende (ich vermute, das lässt wirklich kaum aufhalten) zu eigenständigen „Firmen“ entwickeln, die dann Dienstleistungen einkaufen, z.B. für den Papierkrieg und das ganze andere unangenehme Zeug 🙂 (Eine UGmbh bekommt man schließlich schon für 1 Euro… Musiker gründet UGmbHs!)

    Auf jeden Fall, finde ich diesen möglichen Paradigmenwechsel extrem interessant. Das wird weiter zu beobachten (oder selber voranzutreiben?) sein.

  2. Jonas1999 Says:

    Ich sehe den Underground/Indie-Künstler und die Qualität der Musik in Zukunft definitiv als Gewinner der Globalisierung und Technologisierung.

    Ich denke es gibt bei sehr vielen Musikkonsumenten ein ausgeprägtes Bewusstsein darüber, dass sie durch downloaden statt kaufen gerade „Nicht-Major-Künstlern“ schaden. Im Umkehrschluß sollte ein Konzertbesuch bzw. das Kaufen von Musik als aktiver und auch notwendiger Support gesehen werden.
    Etwas erstmal ausgiebig zu hören, bevor man es kauft, finde ich auch o.k. es müsste allerdings eine vernünftige Möglichkeit zum nachträglichen Zahlen geben. James Gyre fragt zu recht, warum es kein einfaches etabliertes Bezahl-/Spendensystem gibt. PayPal ist meines Erachtens zu umständlich und unsympathisch. Da wird ja dann auch wieder ein Teil abgezwackt. Ich habe drei Jahre gebraucht, bis ich mich dort schließlich doch irgendwann mal anmelden mußte.

    Zur Label-Diskussion:

    Wozu brauchen wir denn eigentlich noch Labels, wenn wir das Internet und Auftrittsmöglichkeiten haben?

    Klar, um einen Tonträger mit höherem „technischen“ Anspruch herzustellen, brauche ich vielleicht einen Profi-Grafiker, ein professionelles Studio und ein Presswerk.
    Irgendwie glaube ich aber fest an eine tiefere Qualität von musik. Sprich: Steh zu deinen Möglichkeiten – wenn es gut ist, wird es sich weiterempfehlen (wenn nicht, dann nicht oder vielleicht irgendwann mal). Um dieses Prinzip zu beherzigen, bietet der heutige Technologiestand meiner Meinung nach eine optimale Ausgangssituation.
    Persönlichkeit und Emotionalität lässt sich auch mit schlechtem Sound/Bild vermitteln, manchmal sogar besser, denke ich. Marketingmenschen aufgehorcht: Vielleicht finden sich dann sogar mehr, die bereit sind zu zahlen? Lasst es nach Untergrund klingen. Spenden sammeln für einen professionelles Tonstudioaufenthalt? 🙂

  3. tofu4u Says:

    Das „Erstellen“ von Musik mag zwar auch einen „künstlerischen“ Anspruch haben, ist meiner Meinug aber zum größten Teil ein Handwerk, wie jedes andere auch.
    Also wieso sollte der Künstler nicht wie jeder andere Dienstleister bezahlt werden? (Ich hatte da mal ein Paper von jemendan von der Piratenpartei (ich such es mal)). Ich wäre dafür den Künstler einmal für dieses Kulturgut zu bezahlen, und danach ist das Werk einfach gemeinfrei.
    Kennt ihr das schon?
    http://de.wikipedia.org/wiki/Jamendo

  4. tofu4u Says:

    Hier ist nochmal eine Initiative der Piratenpartei.
    Genau das Thema^^

    http://musik.klarmachen-zum-aendern.de/

  5. Klaus Frieler Says:

    Tja, wenn man vom Teufel spricht. Da komme ich vom Seminar beschwingt zurück ins Büro und finde eine Mail, in der der Gitarrist und Sänger meiner Band mir folgenden Link geschickt hat: http://www.office4music.com/

    Das scheint genau die Art von Dienstleister zu sein, von der macmerl schrieb. Man schickt als Band seine CDs dahin und die sorgen für den Vertrieb (vor allem online), man kann einen LC-Code bei ihnen bekommen, man kann sein CD-Cover von ihnen herstellen und T-Shirts bedrucken lassen. Also EXAKT das, was hier angedacht wurde…

    Doch der Casus-Knacktus bleibt am Ende doch immer: Macht man überhaupt Musik, die irgendwer wirklich hören will? Oder allgemeiner: Setzt sich Qualität gerade auch durch die neuen Vertriebsmöglichkeiten zwangsläufig irgendwann durch, wie Jonas1999 meint? Oder werden die meisten Bands nur ein Rauschen im großen Strom der Musik bleiben, das niemand wahrnimmt (d.h. die Musik ist vielleicht gut, nur die potentiellen Kunden wissen nicht, dass sie existiert…)

  6. Klaus Frieler Says:

    Hier übrigens noch ein recht bekanntes Label, dass ausschließlich Basis der Creative Commons Lizenz operiert, aber durchaus kommerzielle orientiert ist: http://www.magnatune.com/

    N.B.: Das Repertoire von Magnatune ist deswegen auch für MIR Forscher sehr interessant, weil diese normalerweise Probleme bekommen können, was die Weitergabe von Datensätzen etc. abgeht, wenn sie mit urheberrechtlich geschütztem Material forschen.
    Ein MIR-Anwendung dieser Art ist MagnaTagaTune:
    http://tagatune.org/Home.html. Hier wird auch das hippe neue experimentelle Paradigma „GWAP“ eingesetzt: Game With A Purpose. Psychologische Daten werden in Form eines Spiels erhoben.


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